Carl Maier (1868 - 1955), Kirchstr. 28

Carl Maier kommt als einziger Sohn von fünf Geschwistern am 23. Januar 1868 in Lahr zur Welt. Obwohl er gemäß seiner Begabung lieber Medizin studiert hätte, übernimmt er die Leitung der Eisenwarenhandlung seines Vaters Lazarus.


Sein soziales und politisches Engagement verschaffen ihm hohes Ansehen in der Stadt und bei der Bevölkerung. Als Stadtverordneter und Mitglied des Bürgerausschusses der Deutschen Demokratischen Partei, der einzigen, die sich für die Rechte von Juden einsetzte, wird er Vertrauter des späteren Lahrer Oberbürgermeisters und Altregierungspräsidenten Dr. Paul Waeldin. Und er wird Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Lahr. Betroffen vom Judenboykott am 1. April 1933 beschwert er sich schriftlich bei der Stadtverwaltung, allerdings ohne Erfolg. 1935 im Alter von 67 Jahren befasst sich Carl Maier damit, seine Eisenwarenhandlung zu veräußern.


Als am 9. November 1938 auch in Lahr der Mob wütet, wird Carl Maier in Unterhosen zur Milchzentrale verschleppt und nach Dachau deportiert, dort jedoch aufgrund seines hohen Alters nach zwei Wochen wieder entlassen.


Gemeinsam mit seiner Frau Caroline plant er die Emigration, die sich jedoch verzögert. Er verkauft Geschäft und Wohnhaus an seinen Nachfolger, der am 23. Dezember 1938 notariell beglaubigt wird. Bei Kriegsausbruch ziehen Carl Maier und seine Frau zu Verwandten nach Freiburg. Von hier aus erfolgt am 22. Oktober 1940 die Deportation nach Gurs. Beide überleben verschiedene Lager und verbringen ihren Lebensabend in einem jüdischen Altersheim in Graffenstaden bei Strasbourg.


Bei einem Besuch einer Lahrer Delegation in Graffenstaden bietet Dr. Waeldin Carl Maier die Ehrenbürgerschaft der Stadt Lahr an, die dieser mit den Worten ablehnt: „Mit der Faust in der Tasche will ich nicht kommen und mit offenen Armen kann ich nicht kommen“. Carl Maier stirbt am 13. Oktober 1955 in Graffenstaden.

Abgebildet ist das Wohn- und Geschäftshaus von Carl Maier und seiner Frau Caroline in der Kirchstr. 28.

Quelle: Hildegard Kattermann: "Geschichte und Schicksale der Lahrer Juden", 2. Auflage 1979