„Stolpersteine“

sind in den Gehweg eingelassene Gedenksteine, die an Verfolgte und Opfer der NS-Zeit erinnern. Sie befinden sich in aller Regel vor den Häusern der Betroffenen, in denen sie aus freiem Willen zuletzt bis zu ihrer Entrechtung und Isolation gelebt haben. Auf ihrer 10 cm x 10 cm großen Oberfläche tragen sie eine Messingtafel, auf der ein Schriftzug mit Name, Lebensdaten und Schicksal zu lesen steht. Die Kleindenkmale stehen symbolisch für ganze Lebensgeschichten von Menschen, die die nationalsozialistische Gewaltherrschaft unmittelbar am eigenen Leib erfahren haben.

Das Kunstprojekt geht auf eine Idee des Kölner Künstlers Gunter Demnig zurück, verdrängte und vergessene Erinnerung wieder mit Leben zu füllen. Auf seiner Hausseite spricht Demnig von einem „Projekt, das die Erinnerung an die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Zigeuner, der politisch Verfolgten, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und der Euthanasieopfer im Nationalsozialismus lebendig erhält“.

Ursprungsideen

Demnig arbeitet künstlerisch mit unterschiedlichsten Materialien und sieht sich als Spurenleger. Charakteristisch für seine Arbeiten sind die Außenwirkung und der Bezug zu menschlichen Schicksalen. Nicht immer stößt er damit auf Zustimmung. Eine Kunstaktion 1970 in Berlin Kreuzberg führt zu einem Besuch der Polizei und zu einer dreistündigen Festnahme. Auf einem Garagendach hatte er eine amerikanische Flagge mit 49 Totenköpfen gemalt und sich geweigert, diese zu entfernen. Immer geht es ihm in seinen Arbeiten um das Ausloten und Überschreiten von Grenzen.

Weitere gestalterische Möglichkeiten

An dieser Stelle genannt sei eine Installation einer Modelleisenbahn in Form einer liegenden Acht von 7,5 m Länge und 1,75 m Höhe. Auf Knopfdruck setzt sich die Lok, die der früheren Reichsbahn nachempfunden ist, in Bewegung und aus den Lautsprechern sind Ansagen zu vernehmen, denen sich zu entziehen nicht mehr möglich ist. Oder im Mai 1990 legt er in Köln die Spur „Mai 1940 – 1000 Roma und Sinti“ in Zusammenarbeit mit dem Verein „Rom e.V.“ Es handelt sich um die Generalprobe für die spätere Judendeportation, die ohne nennenswerten Widerstand der Nachbarn möglich ist. Eine Spur mit Fassadenfarbe zeichnet zur 50-jährigen Wiederkehr den Weg der Deportation nach. An diese Aktion erinnert heute ein Messingschriftzug an 21 Stellen im Kölner Stadtgebiet. Das ist gewissermaßen die Geburtsstunde der „Stolpersteine“. Demnig nennt sein Projekt ein „dezentrales Monument“, mit dem er symbolisch Zeichen setzen will. Gleichzeitig provoziert er die Auseinandersetzung mit dem Thema Fremdenfeindlichkeit.

Begegnung und Kontakt

Gunter Demnig lerne ich im Dezember 2002 bei einer Matinée im Freiburger Wiehrebahnhof kennen zusammen mit der dortigen Initiatorin Marlies Meckel. Ein Film wird gezeigt, ein Gespräch schließt sich an. Im Oktober 2002 gibt es auf Wunsch einer Patin eine Probeverlegung von drei Gedenksteinen vor dem Haus Goethestr. 33/35. Der Stadtrat erteilt im Nachhinein sein Einverständnis ohne weitere Auflage.


Mir gefällt diese Idee und ich beschließe, dass meine Großmutter Katharina einen Gedenkstein erhalten soll. Sie hatte nie ein Grab. Es sollte eine persönliche Auseinandersetzung werden, um ihr Schicksal zu verstehen. Unvorbereitet bin ich auf die Widerstände, die mir sowohl familiär wie auch kommunalpolitisch begegnen.

Vom Selbstverständnis des Künstlers

Seit 2004 gibt es „Stolpersteine“ auch in Lahr. Demnig äußert sich zur Lahrer Regelung zunächst, sie sei „total schwachsinnig“, ist aber auf Nachfrage einer regionalen Tageszeitung nicht mehr bereit, seine Aussage zu wiederholen. Später orientiert er sich am Machbaren und Möglichen. In Lahr verlegt er die Gedenksteine zum Teil selbst. Zweitrangig ist für ihn eher, wer als Ansprechpartner ihm gegenüber fungiert.